Lieber Erhard, liebe Susanne, meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
seit über 125 Jahren kämpft die IG BCE für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Vom 8-Stundentag bis hin zum Mindestlohn gab es gute Fortschritte, die die Gewerkschaften in Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie vorangebracht haben. Viele weitere Herausforderungen stehen noch vor uns – zum Beispiel die sozialen Sicherungssysteme. In den letzten Wochen war ich mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz in Halle und Leipzig unterwegs. Sein Besuch zeigt, dass er den Osten im Fokus hat. Und ich teile seine Meinung und seine Ideen zur Verlängerung des Arbeitslosengeldes in Verbindung mit Qualifizierungsangeboten. Das wird auch den Menschen im Osten zugutekommen.
Denn es ist ein längst überfälliges Zeichen der sozialen Gerechtigkeit, dass ein Arbeitnehmer, der 20 Jahre gearbeitet hat und erwerbslos wird, nicht nach kurzer Zeit auf ein Hartz-Vier-Niveau fällt. Es ist zudem auch ein Zeichen für eine zukunftsweisende Politik, die die Herausforderungen der Digitalisierung des Arbeitsmarktes berücksichtigt. Denn mit Qualifizierungen können Erwerbslose wieder für den Arbeitsmarkt fitgemacht werden. Wir müssen aber auch etwas für die Langzeitarbeitslosen in unserem Land tun. Denn längst ist klar:
Für viele Menschen funktioniert der soziale Fahrstuhl nach oben nicht mehr. 1 Mio. Menschen finden kaum noch Zugang zum ersten Arbeitsmarkt. Die klassischen Instrumente der Jobcenter helfen uns hier nicht weiter. Deshalb brauchen wir einen sozialen Arbeitsmarkt. Die arbeitgebernahen Institute loben zwar die guten Effekte der Agenda 2010, Aber sie blenden die Fehlentwicklungen völlig aus -wie den hohen Niedriglohnsektor, die Zunahme von Teilzeitjobs, und eine Million Leiharbeiter!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dann gibt es auch Phasen im Leben, da will man mehr Zeit mit der Familie verbringen oder sich mehr um Angehörige kümmern, die gesundheitlich angeschlagen sind. In Teilzeit zu wechseln, ohne in Teilzeit gefangen zu sein, muss deshalb möglich sein. Es ist wichtig, dass die Menschen selbst bestimmen können, wie viele Stunden sie arbeiten möchten. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich das Recht auf befristete Teilzeit und das Rückkehrrecht auf Vollzeit. In diesem Zusammenhang ist es auch noch wichtig zu sagen, dass natürlich die Lebensleitung von Menschen honoriert werden muss. Deshalb wird es keine Absenkung des Rentenniveaus geben. Dafür müssen wir gemeinam kämpfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in unserer Region brauchen wir wieder eine stärkere Sozialpartnerschaft, die die Tarifbindung und die Mitbestimmung der Betriebsräte stärkt. Diesen Weg will ich mit euch gemeinsam gehen. Und wünsche uns allen eine gute Bezirksdelegiertenkonferenz. Vielen Dank!
Hinweis der Redaktion: Es gilt das gesprochene Wort.