Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Dr. Ndilta beginnt seinen Dienst bereits um 6 Uhr morgens, macht dann seine Visite und im Anschluss gibt es drei bis vier Operationen. Dr. Ndilta ist leitender Arzt in einem Krankenhaus, das im Umkreis von 72 Kilometern und in einem Einzugsgebiet von 100 000 Menschen das einzige ist. Das Krankenhaus liegt in einem kleinen Ort namens Koyom im Tschad. Weltweit zählt der Tschad zu den Ländern mit der geringsten Ärztedichte: Auf 20.000 Patientinnen u. Patienten kommt eine Ärztin oder ein Arzt. Zum Vergleich: In Deutschland ist das Verhältnis 238 zu 1.Neben all den Gesundheitsproblemen in normalen Zeiten kommt jetzt nun das Coronavirus dazu.
Sehr geehrte Damen und Herren,
reiche Länder haben gut ausgebaute Gesundheitssysteme, moderne Labore, Forschungsinstitute sowie gut ausgebildetes Personal. In vielen anderen Ländern ist es sogar in normalen Zeiten schwierig, die Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen.
Machen wir uns nichts vor: Das Coronavirus ist zwar für alle gefährlich, doch trifft es die Menschen am stärksten, die auch schon vorher unter prekären Bedingungen und schlechten hygienischen Verhältnissen gelebt haben.
Was können wir also tun?
Erstens: Das Engagement der Bundesregierung im Bereich der Wissenschafts- und Forschungsförderung muss ausgebaut werden, um einen gerechten Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen zu ermöglichen. Dabei müssen wir die vorhandene Expertise in der Gesundheitsforschung sowie bei der Translation nutzen. Wir wollen innerhalb der EU-Ratspräsidentschaft und zusammen mit internationalen Partnern gemeinsam einen gerechten Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen für alle und vor allem für benachteiligte Bevölkerungsgruppen ermöglichen und Produktionskapazitäten im globalen Süden aufbauen.
Zweitens: Die WHO ist mehr denn je eine wichtige Organisation für die weltweite Gesundheitsförderung. Deshalb freue ich mich, dass wir weltweit darauf hinwirken wollen, dass die Pflichtbeiträge erhöht werden.
Ich persönlich verbinde viel mit der WHO. Als ich ein Kind war, gab es eine Impfaktion gegen Pocken und die ganze Region profitierte davon. Und ich bin dankbar dafür, dass die WHO die Pocken in der ganzen Welt erfolgreich bekämpft hat.
Kolleginnen und Kollegen,
Gesundheit ist ein Menschenrecht. Und die Gesundheit aller Menschen weltweit muss vor dem Gewinnstreben Einzelner stehen. „Wenn man sieht, wie sehr die Epidemie Europa trotz all seiner Möglichkeiten erschüttert, mache ich mir schon große Sorgen“, erklärt Dr. Ndilta. Ich hoffe, dass ich ihm bald sagen kann: „Machen Sie sich weniger Sorgen. Europa hat verstanden und Solidarität ist keine weitere Option für uns, sondern der einzige Weg in einer globalisierten Welt.“
Danke.