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Plenarrede: „Für den Zusammenhalt der Gesellschaft kämpfen“

Phoenix
[Die Rede als Video finden Sie in voller Länge in der Mediathek des Deutschen Bundestages: http://bit.ly/2AhMU8e]

Sehr verehrter Herr Präsident,
meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
liebe Jugendliche auf der Tribüne,

ich möchte Ihnen allen von einem Vorfall Anfang der 1990er-Jahren berichten. Ein etwa 30 Jahre alter Mann mit Brille fuhr in einem Bus von der Universität nach Hause.

Als er ausstieg, wurde er von drei Personen verfolgt. Sie liefen ihm hinterher und schrien: „Bleib stehen! Du bist schwarzgefahren!“ „Aber ich habe einen Fahrschein“, rief der Mann zurück. Inzwischen hatten sie ihn aber eingeholt und umstellt. Sie lachten und schlugen ihm dann einfach die Faust ins Gesicht. Seine Brille fiel auf den Asphalt und zerbrach.

Meine Damen und Herren,

dieser Mann steht heute vor Ihnen.

Auch heute gibt es Anfeindungen und Gewalt in den sozialen Medien genauso wie auch auf den Straßen des Landes. Es gibt ein politisches Erdbeben in der Welt, in Europa und in Deutschland. Symptome dieser Entwicklung sind zweifelsohne das Erstarken von rechten Kräften und der Umstand, dass Gewalt als scheinbar legitimes Mittel genutzt wird.

Wir sehen, dass die Gesellschaft aufgrund der Globalisierung und unsicheren Entwicklungen unter Druck steht und dass es auch Spaltungen gibt. Wenn wir es herunterbrechen, gibt es zwei Seiten, die sich gegenüberstehen: die Modernisierungsskeptiker und die Modernisierungsbefürworter.

Wir müssen mit klarer Haltung und mit guter Sozialpolitik beide Seiten wieder zueinander führen. In vielen Debatten geht es mittlerweile stärker um Fragen der Leitkultur und Ausgrenzung.

Meine Damen und Herren,

wir dürfen uns nicht auf dieses Spiel einlassen!

Ich darf daran erinnern: Wir leben in einer Zeit, in der Stolpersteine in Berlin und anderswo aus dem Boden gerissen werden, um die Erinnerungen an die Vergangenheit zu löschen.
Wir leben in einer Zeit, in der eine Partei unser Land spaltet. In unserer jetzigen Zeit geht es um Rückzug und Individualisierung. Wir als Gesellschaft müssen es wieder schaffen, dass die Menschen die Straßen füllen, die gemeinsam sagen:

Wir wollen keine Gewalt mehr, sondern Frieden!
Wir wollen keinen Hass mehr, sondern Respekt!
Wir wollen keine Spaltung mehr, sondern Zusammenhalt!

Wir können uns für den einen oder anderen Weg entscheiden.

Der Autor Carlo Strenger schreibt: „Es gibt Momente, in denen die Bürger (…) realisieren, dass sie in einem politischen und gesellschaftlichen System leben, für dessen Erhalt man kämpfen muss.“

Und fest steht auch:

Dieses Land ist zu schön,
UM ES DEN HASSERN UND HETZERN zu überlassen!

Deshalb lohnt es sich für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu kämpfen.

Vielen Dank!