Rede zur 2./3. Les. Reg.-Entwurf eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vom 7. Juni 2019
Sehr verehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,
eigentlich sollten alle seinen Namen und seine Geschichte kennen! Weil das heute kaum noch jemand weiß, will ich kurz an ihn erinnern: Auf dem Kölner Bahnhof traf er nach einer Reise von drei Tagen ein. Auf dem Kopf trug er einen Hut und mit müden Augen blickte er auf die Menge, die vor ihm stand.
Die Arbeitgeberverbände hatten die Presse zusammengetrommelt und einige Menschen tanzten schon auf ihren Plätzen. Gleich würde er ein Moped als Geschenk bekommen.
Armando Rodrigues de Sá. Er war der 1 Millionste Gastarbeiter und er kam vor über einem halben Jahrhundert nach Deutschland, um hier eine neue Zukunft zu finden.
Er war herzlich willkommen in Deutschland.
Armando Rodrigues de Sá steht stellvertretend für eine Geschichte dieses Landes.
Dieser Teil der Geschichte wird noch wenig erzählt, wenig im Unterricht behandelt und wenig in unseren Museen im ganzen Land gezeigt.
Dazu passend schreibt die Integrationsforscherin Naika Foroutan Folgendes:
„In Deutschland fehlt es der Politik und infolgedessen auch dem öffentlichen Raum an einem politischen und öffentlichen Narrativ, das Deutschland nicht nur kognitiv, sondern auch emotional als Einwanderungsland neu erzählt.“
Politisch schreiben wir heute mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wieder an einem Narrativ:
Deutschland ist ein Einwanderungsland.
Doch was schaffen wir auf der emotionalen Ebene?
Wir haben eine Geschichte, die zeigt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg Deutsche und Zugewanderte aus Ländern wie Portugal, Griechenland, Türkei, Vietnam oder Mozambik dieses Land mit aufgebaut und zum Wohlstand beigetragen haben.
Es ist eine Geschichte des Zusammenhalts.
Sie blieb es leider nicht immer.
Liebe Damen und Herren,
nach der Ölkrise in den 1970er Jahren gab es einen Anwerbestopp, der bis 2007 und teilweise darüber hinaus galt.
12 Jahre später – also heute – zeigen wir mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, dass wir Menschen die Möglichkeit geben wollen, legal zu uns zu kommen.
Zum ersten Mal in der Migrationsgeschichte wird es einen einheitlichen Fachkräftebegriff geben: Er gilt gleichermaßen für Akademikerinnen und Akademiker, aber auch für Menschen mit Berufsausbildung,
alle Fachkräfte können für sechs Monate nach Deutschland kommen, um einen Arbeitsplatz zu suchen. Die Vorrangprüfung fällt weg.
Liebe Damen und Herren,
das Gesetz wird nur eine Wirkung haben, wenn wir den Aktenstau bei den Auslandsvertretungen beseitigen, die Rahmenbedingungen bei den Ausländerbehörden genauso wie in unseren Kitas und Schulen verbessern.
Eine Sache noch: Natürlich sind die 50er und 60er Jahre nicht mit unserer Zeit zu vergleichen. Die Rahmenbedingungen sind andere.
Doch was heute wie gestern für Menschen wie Armando Rodrigues de Sá gilt, ist:
- Menschen werden kommen.
- Menschen werden bleiben.
- Menschen werden dieses Land weiterbringen.
Das Einwanderungsgesetz bietet dafür einen guten Rahmen.
Danke.